E: Viele Tätowierer fangen gewöhnlich mit dem Zeichnen zuerst an, bevor sie tätowieren. Wie war das bei dir?

Tom: Also, ich zeichne schon, seit ich laufen kann. (lacht) Das hat mir immer schon Spaß gemacht.

E: Wie lange tätowierst Du schon?

Tom: Seit ungefähr zwölf Jahren.

E: Wann sind dir eigentlich Tattoos zum ersten Mal aufgefallen?

Tom: Ich war damals ungefähr elf Jahre alt, als ich einen Film über die Yakuza im Fernsehen sah. Das ist die Japanische Mafia, weißt Du, das sind solche, die dir den kleinen Finger abschneiden, wenn Du etwas falsch gemacht hast (Kicher!). In diesem Bericht wurde eine Prozession gezeigt, bei der die Anführer auf einer Sänfte getragen wurden. Das ganze in Zeitlupe und du konntest sie da oben sitzen sehen, mit ihren Ganzkörpertätowierungen und auch die Träger und das Gefolge hatten großflächige Tattoos, ganz nach alter Yakuzatradition. Schweigend, stolz und fast schon gespenstisch anmutend, zog das unheimliche Ereignis an den Zuschauern, die ehrfürchtig, manche ängstlich zurückwichen, vorbei. Was mich damals faszinierte, ja regelrecht sprachlos machte, so gefesselt war ich von dem Anblick und es weckte irgendetwas, tief in meinem Innern. Damals wußte ich noch nicht, wie ich ein Teil von dieser „Lebensart“ oder diese „Lebensart“ Teil von mir werden sollte. Ich spürte nur, daß mich irgendetwas mit ihnen verband. Ich hatte meine Bestimmung gefunden, der ich folgen mußte.

E: Wie hast du dann angefangen zu tätowieren?

Tom: Angefangen habe ich damit, daß ich mich dann erst einmal selbst tätowiert habe. Von Hand. Ich war dann irgendwann von Hand, so gut, daß es aussah als ob das Tattoo mit einer Maschine gemacht worden wäre. (kleine Pause) Du mußt es wirklich von Grund auf lernen um es wirklich richtig zu machen. Ich habe dann meine engsten Freunde tätowiert und eigentlich nicht gedacht, daß einmal der Tag kommen würde, an dem ich anfinge, jeden zu tätowieren. Wobei ich das heute eigentlich auch noch nicht völlig tue. Wenn jemand die falsche Einstellung zu der Sache hat oder mir völlig unsympathisch ist, dann lehne ich eine Arbeit auch ab. Eine Tätowierung ist etwas um das man die Leute nicht hinterfragt, auch kein „Nur Modegeck“, sondern etwas das man selbst will, weil es einem gefällt, weil es einen fasziniert, weil man es möchte. Das ist die richtige Einstellung. (Seine schwarzen Augen leuchten dabei richtig)

E: Du hattest keinen Tätowierer, der es dir beibrachte?

Tom: Nein, nicht speziell. Da ich es von Hand schon recht gut beherrschte, war es eine Vereinfachung für mich, mit der Maschine zu arbeiten. Was die Umsetzung von Gedanken in Linien und Schattierungen betraf, dauerte es nicht mehr so ewig lange. Natürlich war es nun auch komplizierter, was den Umgang mit den umfangreichen Gerätschaften etc. betraf. Allan aus Marseille hat mir dann meine erste Tätowierung mit der Maschine verpasst. Damals war die Tätowierung günstiger als die Fahrkarte dorthin. Ich wollte eben unbedingt eine von ihm haben. Mir war nie ein Weg zu weit. Damals war ich gerade siebzehn. Das einzige Problem war, daß ich damals hinterher nicht baden konnte wegen der frischen Tätowierung. Und das ausgerechnet, wenn Du an der Cote d’Azur rumliegst. (lächelt) Aber das macht gar nichts. Du hast eine Tätowierung sehr lange und ich bin heute noch sehr stolz auf sie.